Kulturell

Die Boote der Familie Casal

Die Boote der Familie Casal: die Gondelbauer des Tals Val di Zoldo in Venedig Von den Dolomiten des Val di Zoldo bis hinunter nach Venedig: die Boots- und Gondelbauer (Squerarioli) des Val di Zoldo: die Familie Casal.


Der Squero Casal ai Servi
Ein Squero war und ist gelegentlich auch heute noch jene Holzwerft, die für die Herstellung von Lagunenbooten eingerichtet ist und sich durch Gebäude auszeichnet, die auf die typische Bautradition der Herkunftsgebiete der dort tätigen Arbeiter
verweisen.
Aus dieser "Baukultur" entstanden schließlich folgende "Bauarten": Holzstrukturen (taje) und Ausfachungen durch Holzbalken (breghe), die deutliche Analogien zur ländlichen Dolomitenarchitektur, insbesondere des Val di Zoldo und des Cadore, aufweisen: es handelt sich um die sogenannten tabiaj (Scheunen), wobei ein offensichtliches Beispiel dafür die Holzwerft Squero di San Trovaso ist.
Eine dieser Werften, Squeri da sotil, die in Rio dei Servi in San Marcuola liegt, existierte nachweislich bereits vor 1500 und seit der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts arbeiteten dort Einheimische aus dem Tal Zoldo. Im Laufe zweier Generationen wurden die Nachkommen der ersten Gesellen der Familie Casal zu Handwerksmeistern und pachten den Betrieb im Jahre 1833, um ihn schließlich 1852 ganz zu kaufen.
Das Unternehmen Giuseppe Casal e Figlio (Giuseppe Casal und Sohn) war stets auf Ausstellungen und Messen in ganz Europa vertreten: Es erhielt unter anderem die Goldmedaille auf der Turiner Ausstellung 1884 und auf der Wiener Ausstellung 1895,
sowie die Silbermedaille des Regio Istituto Veneto di Scienze, Lettere e Arti (Königliches Institut für Wissenschaft, Literatur und Kunst) im Jahre 1897.

 

Die Kunst der sogenannten Squerarioli
Die Handwerkszünfte in Venedig haben ihre Tätigkeiten seit jeher in Statuten, den sogenannten Mariegole, festgehalten. Die Zunft der Lagunenbootsbauer, die sogenannte "Arte degli Squèrarioli" (Kunst der Squerarioli), stammt aus dem Jahre 1607
und unterlag, wie alle anderen Künste, der Kontrolle der Giustizia Vecchia (Alten Justiz). Ein wertvolles, in Leder gebundenes Dokument, das als "Arte de Squeraroli" bekannt ist, wird noch heute im Staatsarchiv von Venedig (Archivio di Stato di Venezia)
aufbewahrt und enthält, in Rubriken unterteilt, 206 Registrierungen von Verträgen zwischen Garzoni (Gesellen) und Maestri d'Arte (Handwerksmeister) zwischen den Jahren 1734 und 1778. Eine sorgfältige Analyse der Nachnamen dieser 206 "Garzoni"
(bei einigen wird sogar die Herkunft angegeben) ergab, dass mehr als die Hälfte davon aus dem Val di Zoldo und höchstens ein Dutzend aus dem Tal Cadore und den angrenzenden Gebieten stammte. Diese nach Namen alphabetisch geordnete Liste
beginnt mit Ant.o Volpe di Pellegrin da Soldo, 13 Jahre alt, und endet als 204. mit Zammaria Battistini, 14 Jahre alt.


Darin kann man folgendes lesen: "Iseppo d'Iseppo Casal, etwa 14 Jahre alt, einigt sich mit Meister Lorenzo quondam Gerolamo Moron Squerarol in San Marcuola, 5 Jahre lang ab heute bei ihm als Geselle zu arbeiten, ........................; als Meister stellt er sich zur Verfügung, ihm seine Kunst beizubringen, ihn bei sich wohnen zu lassen, ihn zu verköstigen und ein Nettogehalt von 4 Dukaten jährlich zu bezahlen"

 

Barca de Casal e po' no più (das Boot der Familie Casal und sonst von keiner anderen)
Wie das Geschick der Familie Casal in Venedig berühmt wurde
Die Auswanderung aus dem Gebirge des Tals Belluno bis nach Venedig, insbesondere aus dem Val di Zoldo, war über die Jahrhunderte beständig: Die anfangs gering qualifizierten Arbeitskräfte spezialisierten sich im Laufe der Zeit und erreichten in
einigen Berufsbranchen Spitzenniveaus (die Konditoren Colussi aus Pianaz, die Anstreicher aus Goima u.s.w.).


Berühmt wurden im 19. Jahrhundert Familien wie die Panciera, Battistin, Casal und Cucco, die eben Squèri, und zwar private Werften für den Bau von Booten und Schiffen, besaßen. Es ist allgemein bekannt, dass die meisten Gesellen in den venezianischen Squeri aus dem Gebirge der Region Venetien kamen.


Zahlreiche junge Lehrlinge wurden Arbeiter, Baumeister und schließlich Besitzer, und verlegten den Wohnsitz nach Venedig. Eine grundlegende Studie über die Squero der Familie Casal, herausgegeben von Giovanni Caniato, erschien 1988 in dem wichtigen
und den bahnbrechenden Sammelband "Dai monti alla laguna" (Vom Gebirge bis in die Lagune).

 

Die Ausstellung im Jahre 2019: "Le barche dei Casal: il capolavoro degli squerarioli di Zoldo a Venezia" (Die Boote der Familie Casal: das Meisterwerk der Squerarioli aus Zoldo in Venedig)


In den letzten Jahren hat der Forscher, Fabio Santin, die Modelle typischer venezianischer Boote der Familie Casal, die in den Depots des Correr Museums in Venedig (Museo Correr di Venezia) aufbewahrt sind, durch eine sorgfältige Arbeit mit Reliefs und Grafiken neu dargestellt: er wollte auch für die künftigen Generationen Linien, Änderungen und Anpassungen, die den Bootsbau im Squero Casal ai Servi kennzeichneten, anders als üblich belegen.


Der in dieser Werft geschaffene Stil, die Schönheit der Feinbearbeitung und der Dekorationen, die sogar in den für internationale Ausstellungen bestimmten und mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Modelle im Maßstab wahrnehmbar waren, erreichten eine solch hohe Raffinesse, dass in Venedig das Motto "barca de Casal e po' no più" verbreitet wurde, fast so, als wolle man damit ausdrücken, dass von ihnen ein fast unmöglich übertreffender Perfektionsgrad erreicht worden war.


Im Jahre 2019 wurde die Messe in der Kongresshalle Almerindo Rizzardini in Fusine (Val di Zoldo) durch eine echte Gondel in großem Stil eröffnet, und setzte mit der Ausstellung von elf prächtigen Bootsmodellen von Giuseppe und Antonio Casal fort,
die aus dem Museo Correr auf dem Markusplatz in Venedig stammten.

 

Begleitet wurde die Ausstellung von wertvollen Funden und umfassenden Archivdokumenten, sowie von Ergebnissen der jüngsten Forschungen über die Squeri der Zoldaner und ihre Lage im venezianischen Stadtgefüge.


Ziel des Ausstellungsprojekts war die Wiederentdeckung und Aufwertung des exzellenten handwerklichen Erbes, das die Bergbewohner in den vergangenen Jahrhunderten darstellten. In diesem Falle bezieht man sich auf die Erlebniskultur der
Squerarioli, und zwar der Bootsbauer der venezianischen Lagune. Lange Zeit hindurch war selbst in ihren Herkunftsorten in Vergessenheit geraten, dass einer der zahlreichen Berufe dieser düsteren Bergbewohner gerade der des Bootsbaus war, ein Beruf, in den sie ihr ganzes Wissen und Können, ihre Erfahrung und Phantasie einbrachten.


Deshalb war es wichtig, die Modellboote "wieder nach Hause zu bringen". Zudem heißt es im Dezember 1946 in der Broschüre zur Ausstellung in der Galleria Sandri (Galerie Sandri) in Venedig: "Die Bootsmodelle erinnern an eine Tradition, die leider langsam am Verschwinden ist, und wir werden nie wieder ein "battellino da solazieri" (kleine Gondel) oder eine "dodesona veneziana" (12-Mann Gondel) oder andere bunte Boote auf dem Spiegel der Lagune schwimmen sehen: diese können wir hier durch die ausgestellten Modelle wie in glücklichen Zeiten wiedererleben, die eine weniger unruhige und heitere Geschichte als die unsere erlebten".


Die venezianische Lagune und die Dolomiten waren schon seit jeher eng miteinander verbunden: in der Vergangenheit vor allem durch den Handelsaustausch.


Fertigprodukte, Rohstoffe und sogar Arbeitskräfte aus den Bergen wurden auf Flößen entlang des Flusses Piave befördert, der damals eine der wichtigsten Richtlinien für den Handel war. Eines der für die Serenissima (Republik Venedig) bestimmten
Materialien war Holz, das nicht ausschließlich für den Bau von Booten, sondern auch für den der Inselgebäude unentbehrlich war.


Empfehlenswert ist auch ein Besuch folgender Museen:

  • Ethnografisches Floßbauer Museum des Flusses Piave – museo etnografico degli zattieri del Piave
    Via Gianni D'Incà 1, Codissago - Longarone

Die Ausstellung ist die einzige in ganz Italien, die sich mit der Beförderung auf Flößen von Holz und verschiedenen Gütern befasst. Das Museum wird von der "Fameja dei Zater e Manadàs de la Piave" (die Flößerfamilie) geführt und zeigt die Traditionen und Kultur der Floßbauer des Dorfes Codissago, die in der Vergangenheit damit betraut waren, die Flöße zusammenzubauen und sie auf dem Fluss Piave von Perarolo di Cadore nach Codissago (Longarone) zu führen: diese Flöße erreichten schließlich die
Lagune von Venedig, um Rohstoffe und Produkte abzuladen.


Zu den beförderten Materialien gehörten bestimmte Gesteinsarten aus Belluno, Schleifscheiben, Schwerter und Nägel, Kohle und Pech, Fertig- oder Rohmineralien, Schwefelsäure und andere typische Produkte, die es in der Ebene Venedigs nicht gab. Sogar die Baumstämme der Flöße wurden, nachdem sie die Lagune erreicht hatten, losgebunden und vom venezianischen Arsenal zum Bau der Schiffe der Flotte Serenissima verwendet.


Das Museum verfügt über 10 Themensäle und in unmittelbarer Nähe befindet sich auch ein Sägewerk im venezianischen Stil aus dem Jahre 1883, das aus Sottocastello di Pieve di Cadore stammt und noch heutzutage in Betrieb ist.

 

  • Museum der künstlichen Schleuse und des Holzes – Museo del Cidolo e del Legname
    Piazza Roma, 2 - Perarolo di Cadore

Im Garten des Palazzo Lazzaris-Costantini, einer 1875 vom Architekten Antonio Caregaro Negrin aus Vicenza renovierten Residenz, die Eigentum einer der einflussreichsten Holzhändlerfamilien des 19. Jahrhunderts in Perarolo di Cadore war,
befindet sich das Museo del Cidolo e del Legname. Hier kann der Besucher sämtliche historische Ereignisse entdecken, die den Ort in den vergangenen Jahrhunderten zu einem der wichtigsten Zentren des Flusshandels mit Venedig machten.
Während der Museumsbesichtigung kann der Besucher alle Etappen der Holzvertriebskette nachvollziehen, d.h. vom Fällen der Bäume bis hin zum Transport und der anschließenden Verarbeitung, vom Wald bis zu den Sägewerken und schließlich zum Bau von Flößen und dem Holzhandel. Besonders hervorgehoben wurde zunächst der "cìdolo", eine künstliche Schleuse, die seit 1668 die grundlegende Sortierung der Baumstämme ermöglichte, die dann flussabwärts transportiert wurden;
und schließlich die Flöße, die auf den bewegten Gewässern des Flusses Piave die unterschiedlichsten Waren bis hinunter nach Venedig beförderten. Bemerkenswert sind auch die einzigartigen Beispiele der auf dem Holz angebrachten Markierungen, sowie die dazu verwendeten Werkzeuge, wie Bohrer für Baumstämme und Winkel (angér), die von den Menadàs benutzt wurden, um deren freien Fließkurs zu bestimmen.

 

  • Museum des Menschen auf der Hochebene des Cansiglio - Museo dell’Uomo in Cansiglio
    Strada Provinciale, 6 - Farra d'Alpago

Das Museum wurde in den 1950er Jahren erbaut und als Grundschule genutzt. In den 1970er Jahren wurde dort nach der Sammlung von Dokumenten, Gegenständen und Arbeitsgeräten ein ethnografisches Museum hinsichtlich der Hochebene des Cansiglio und seiner Bewohner eingerichtet. Das Museum beherbergt das Centro Etnografico e di Cultura Cimbra (Zentrum für Ethnografische und Zimbrische Kultur), das vom Associazione Culturale Cimbri del Cansiglio (zimbrischen Kulturverein Cansiglio) verwaltet wird.


Die Besichtigung des Museums ermöglicht eine vollständige Übersicht über die menschliche Präsenz auf der Hochebene des Cansiglio, von der Urgeschichte bis hin zur Neuzeit. Der Besuch verläuft am besten in chronologischer Abfolge durch verschiedene Abteilungen zu unterschiedlichen Themenbereichen: Cansiglio und seine Umwelt - Archäologie und Paläobotanik auf der Hochebene Cansiglio Römische Epoche und Mittelalter - die Republik Venedig - Die Zimbern und die Cansiglio - Forstwirtschaftliche Aktivitäten, Waldbewirtschaftung und Holzbeförderung – Der heutige Cansiglio und die biologische Vielfalt.


Neben dem traditionellen Museumsbesuch wird in der Umgebung zudem ein Programm mit Wanderführungen ("Museum und Territorium" genannt) angeboten, das während des Ausflugs einen Aufenthalt im Museum zur Vertiefung historischer und
naturwissenschaftlicher Themen vorsieht.

 




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